Kann man den Zugewinn vom Umgang abhängig machen?

NEIN lautet die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.12.2024, Az.: XII ZB 385/23.

Der Sachverhalt

Die Beteiligten des Verfahrens waren verheiratet und haben drei gemeinsame Kinder. Die Ehe wurde rechtskräftig geschieden. Die Mutter lebt mit  zwei Kindern in Peru, der Vater mit einem Kind in Deutschland. Die Mutter macht im Rahmen des Zugewinnausgleichs eine Forderung in Höhe von 80.000 Euro geltend. Der Vater erklärt, dass güterrechtliche Ansprüche nicht bestehen, weil die Mutter die Kinder ohne Absprache von einer deutschen Schule in Peru abgemeldet hat und ihm den Umgang mit seinen Kindern in Deutschland verweigert.

Sie schließen einen Vergleich, nach dem der Vater an die Mutter einen Zugewinnausgleich in drei jährlichen Raten zahlt, die Raten aber erst fällig werden, wenn der Vater mit den gemeinsamen Kindern jeweils Umgang in Deutschland hatte oder er die Kinder in Peru besuchen und dort mit ihnen Umgang haben kann. Der Vergleich wurde vom Gericht sogar gerichtlich gebilligt und ein Ordnungsgeld für den Fall der Zuwiderhandlung angedroht.

Der BGH sagt nein!

Das geht so nicht,  sagt der BGH. Grundsätzlich ist es so, dass Elternvereinbarungen unwirksam sind, in denen ein Verzicht auf das Umgangsrecht mit finanziellen Gegenleistungen verknüpft wird, weil so die Kinder zum Gegenstand des Handel(n)s gemacht werden. In solchen Fällen liegt eine unzulässige Kommerzialisierung des elterlichen Umgangsrechts vor und die Vereinbarung ist sittenwidrig und nichtig (BGH, 23.05.1984, IVb ZR 9/83).

Keine Kindeswohlprüfung

Das gilt auch für diesen Vergleich, nach dem die Fälligkeit der Ratenzahlung auf den Zugewinnausgleich davon abhängig gemacht wird, dass der Vater mit seinen Kinder in Deutschland Umgang hat. Das Amtsgericht hat hier vor dem Abschluss des Vergleichs keine Kindeswohlprüfung vorgenommen, also nicht geprüft, ob dieser Vergleich, mit dem die Zahlung der Raten von dem Umgang abhängig gemacht wird, dem Kindeswohl entspricht. Die Kinder wurden auch nicht angehört. Eine Kindeswohlprüfung ist jedoch auch bei Fällen mit Auslandsberührung durchzuführen.

Ähnlichkeit zur einer Vertragsstrafenvereinbarung 

Außerdem weist die Klausel Ähnlichkeiten mit einer Vertragsstrafenvereinbarung auf, da der Mutter als Strafe angedroht wird, dass sie die Zugewinnausgleichsrate nicht erhält, wenn der Umgang nicht stattfindet.

Aber zum einen erlischt eine Zugewinnausgleichsforderung nicht durch die Nichtgewährung des Umgangs, sondern führt zu einer weiteren Stundung, die spätestens mit der Volljährigkeit der Kinder und damit dem Entfall der Umgangsregelung erlöschen würde. Zum anderen können Eltern die Vollziehbarkeit einer Umgangsvereinbarung nicht dadurch umgehen, dass sie eine Vertragsstrafe für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung vereinbaren.

Entscheidung des BGH

Der BGH entscheidet daher, dass die im Vergleich getroffene Umgangsregelung und die mit ihr verknüpfte Ratenzahlungsvereinbarung wegen des Verstoßes gegen den § 138 BGB nichtig ist und hier durch das OLG als Beschwerdegericht auch noch einmal geprüft werden muss, ob sich die Frau mit der Zahlung des Zugewinnausgleichsanspruchs in drei Raten auch dann abgefunden hätte, wenn die Zahlung der Raten nicht an die Durchführung des Umgangs geknüpft worden wäre.

Die Leitsatz-Entscheidung lautet:

Die Regelung in einem zwischen geschiedenen Ehegatten geschlossenen gerichtlichen Vergleich, welche die Fälligkeit einer ratenweise zu zahlenden Zugewinnausgleichsforderung mit der tatsächlichen Gewährung von Umgang mit den gemeinsamen Kindern verknüpft, ist jedenfalls dann sittenwidrig, wenn sie dazu bestimmt ist, die vereinbarte Umgangsregelung unter Ausschluss einer gerichtlichen Kontrolle am Maßstabe des Kindeswohls erzwingbar zu machen.

Die vollständige Entscheidung kannst du hier finden: BGH, 31.01.2024 – XII ZB 385/23 – dejure.org

©Karola Rosenberg