Vollstreckbare Umgangsregelung

Vollstreckbare Umgangsregelung

Mit der  Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 21.02.2024 zum Aktenzeichen XII ZB 401/23, wurde entschieden, wie genau eine Umgangsregelung formuliert sein muss, um vollstreckbar zu sein.

Das muss die Umgangsregelung regeln, um vollstreckbar zu sein

Der Weg, um eine gerichtliche Umgangsentscheidung vollstrecken zu können, führt über den Ordnungsgeldantrag, also dem Antrag auf Verhängung von Ordnungsmitteln oder Ordnungshaft.

Damit ein solcher Antrag jedoch Erfolg hat, muss es einen Vollstreckungstitel geben – also die gerichtlich gebilligte Umgangsregelung mit der Androhung von Ordnungsmitteln bei deren Nichteinhaltung. Die zu vollstreckende Entscheidung muss dabei aber so konkret sein, dass deutlich wird, was genau vollstreckt werden soll. Dazu gehört bestenfalls nicht nur, was der umgangsberechtigte Elternteil darf, sondern auch, was er nicht darf.

Der Fall:

Die Beteiligten sind getrenntlebende Eltern von zwei Kindern im Alter von 6 und 8 Jahren. Das Familiengericht regelt den Umgang dahingehend, dass der Vater zum einen den „regulären Umgang“ hat und zum anderen vom Gericht festgelegte Ferienzeiten. Das Gericht regelt weitergehend: „Der Vater holt die Kinder pünktlich an der Schule / am Kindergarten bzw. am Wohnsitz der Mutter ab und bringt die Kinder pünktlich wieder zum Wohnsitz der Mutter zurück.“ Das Gericht regelt ferner, dass bei „schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die getroffene Umgangsregelung“ Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnungshaft angeordnet werden kann.

Die Reglung des § 28 FamFG:

1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.

(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25.000 Euro nicht übersteigen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Werden Gründe, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen ergibt, nachträglich vorgetragen, wird die Festsetzung aufgehoben.

Die zum Verfahren führende Situation:

In einem Zeitraum von zwei Monaten hat der Vater insgesamt achtmal außerhalb der ihm zugewiesenen Umgangszeiten Umgang mit den Kindern, indem er sie einfach von der Schule abholt und Zeit mit ihnen verbringt. Außerdem bringt er die Kinder mehrfach später zurück als vereinbart. Die Mutter beantragt daraufhin, gegen den Vater ein Ordnungsgeld in Höhe von mindestens 10.000 Euro festzusetzen.

Die Entscheidungen des Amtsgerichts und des OLG:

Das Amtsgericht verhängt insgesamt 12 Tage Ordnungshaft gegen den Vater. Dagegen legt der Vater Beschwerde ein und das OLG weist den Teil des Ordnungsgeldantrags zurück, der den Umgang außerhalb der Umgangszeiten betrifft. Das OLG begründet seine Entscheidung damit, dass die Umgangsregelung kein hinreichend bestimmtes und damit vollstreckbares Gebot enthält, dass sich der Vater außerhalb der festgelegten Umgangszeiten jeglichen Umgangs zu enthalten habe („Umgangsverbot“). Ein solches Verbot muss sich aber eindeutig aus der Umgangsregelung ergeben. Hiergegen wendet sich nunmehr die Mutter.

Das sagt der BGH:

Zu der Frage, ob eine gerichtliche Regelung des Umgangs automatisch dazu führt, dass ein Gebot besteht, dass außerhalb der festgelegten Zeiten kein Umgang stattfindet, gibt es in der Literatur und in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen.

Auf der einen Seite gibt es die Meinung, dass eine Entscheidung, die regelt, wann, wie und wo der Umgang stattfindet, gleichzeitig ein an den umgangsberechtigten Elternteil gerichtetes Verbot einer Kontaktaufnahme außerhalb der zugewiesenen Umgangszeiten ist, die auch vollstreckbar ist.

Der BGH teilt jedoch die andere Meinung, die auch schon vom OLG geteilt wird. Danach ist Voraussetzung für die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 89 FamFG eine Umgangsregelung mit einem vollstreckungsfähigen Inhalt. Diese muss also inhaltlich so klar sein, dass es zu Art, Ort und Zeit des Umgangs eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts gibt.

Gleichzeitig entscheidet der BGH, dass einer Umgangsregelung, durch die der Umgang auf einen bestimmten Rhythmus festgelegt wird oder durch die dem umgangsberechtigten Elternteil bestimmte Umgangszeiten zugewiesen werden, eben nicht hinreichend deutlich und damit vollstreckbar zu entnehmen ist, dass der Umgangsberechtigte in der übrigen Zeit keinen Umgang hat. Der BGH stellt klar, dass sich ein solches Gebot ausdrücklich und eindeutig aus der Umgangsregelung ergeben und von der Androhung eines Ordnungsmittels umfasst sein muss.

Fazit:

Nach der Entscheidung des BGH steht dem anderen Elternteil die Möglichkeit offen, eine Umgangsregelung zu erwirken, aus der sich konkrete Gebote oder Verbote nach § 1684 Abs. 3 BGB ergeben und/oder die einen spezifischen Umgangsausschluss nach § 1684 Abs. 4 BGB oder ein Kontaktverbot nach § 1666 Abs. 3 Nr. 4 BGB enthält. Das an den umgangsberechtigten Elternteil gerichtete Gebot, mit den Kindern in der ihm nicht zum Umgang zugewiesenen Zeit keinen Kontakt aufzunehmen, muss also stets ausdrücklich und eindeutig aus der Unterlassungsregelung hervorgehen und auch von der Androhung von Ordnungsmitteln umfasst sein.

Die Entscheidung des BGH vom 21.02.2024, XII ZB 401/23 findet ihr z. B. hier: BGH, 21.02.2024 – XII ZB 401/23 – dejure.org

©Karola Rosenberg