1. Lösungsorientiertes Arbeiten

Lösungsorientiertes Arbeiten im Familien- und Kindschaftsrecht bedeutet, dass die Beteiligten dort wo es möglich ist, eine gemeinsame Lösung finden.

Sei es eine einvernehmliche Scheidung, einen bedarfsangepassten unterhalt oder eine einvernehmliche Sorge- und Umgangsregelung. Sind Kinder von einem Gerichtsverfahren betroffen, bekommt ein „Win-Win-Ergebnis“ eine besonders wichtige Bedeutung. Win-win kann aber nur erreicht werden, wenn es nicht um eine Einigung um jeden Preis geht. Die Ziele des Mandanten müssen mit dem Anwalt gemeinsam festgelegt werden und die rechtlichen Rahmenbedingungen klar abgesteckt werden. Es geht um die Lebensgestaltung des Mandanten und häufig um das Schicksal einer ganzen Familie. Die Festlegung des Ziels und Überprüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen ist der erste wichtige Schritt für eine erfolgreiche Vertretung. Ist das Ziel und der Rahmen zwischen Anwalt und Mandant geklärt, kann in einem zweiten Schritt in die Verhandlung und Kommunikation mit dem Jugendamt und ggf. dem anderen Elternteil eingetreten werden. Viele Probleme entstehen durch Kommunikationsschwierigkeiten. Ein „Runder Tisch“ außerhalb und innerhalb des Gerichtssaals kann viele Probleme aus dem Weg räumen. Eltern, die unsicher sind, wenn es um die Termine und die Kommunikation mit dem Jugendamt geht, haben gem. §13 SGB X ein Recht sich durch einen Rechtsanwalt bzw. einen Beistand vertreten zu lassen. Auch in dieser Situation ist es wichtig, die Ziele und die rechtlichen Rahmenbedingungen klar zu kommunizieren.

Liegt eine Hochstrittigkeit vor, bei der die Fronten verhärtet sind, kann lösungsorientiertes Arbeiten auch bedeuten, dass klare Grenzen gezogen werden, so dass der Konflikt auf diese Art und Weise minimiert wird. Besteht Uneinigkeit über die rechtliche Bewertung einer Situation muss das vor Gericht im Zweifel durch alle Instanzen geklärt werden. Eine klare und durchsetzbare Regelung führt in diesen hochstrittigen Fällen häufig eher zur Beruhigung, als eine nicht enden wollende Flut an Einigungsversuchen, die von vorneherein zum scheitern verurteilt sind.


2. Scheidung

Wenn eine Ehe gescheitert ist, kann sie geschieden werden, wenn einer oder beide Ehegatten das beim Familiengericht beantragen. Sind sich beide Ehepartner einig, genügt es, wenn einer von beiden einen Rechtsanwalt beauftragt, den Antrag auf Ehescheidung beim Familiengericht einzureichen. Ein Anwalt muss beauftragt werden. Ohne Anwalt, kann kein wirksamer Scheidungsantrag gestellt werden. Die Scheidung mit einem Anwalt bedeutet dann jedoch nicht, dass der Anwalt beide Seiten und beide Interessen vertritt. Auch bei einer einvernehmlichen Scheidung kann nur einer von beiden anwaltlich vertreten werden und der andere kann dann ohne Anwalt der Scheidung zustimmen. Der Vorteil einer Ehescheidung mit nur einem Anwalt ist, dass die Scheidung ganz erheblich günstiger wird. Es gilt die Regel, je weniger Streit, desto weniger kostet es. Allerdings besteht gleichzeitig für denjenigen, der ohne Anwalt der Scheidung nur zustimmt, dass Ansprüche und Rechte nicht richtig geregelt werden und verfallen. Es ist in den meißten Fällen ratsam, zumindest zu einer unverbindlichen Erstberatung einen Anwalt aufzusuchen.

Die Erstberatung darf maximal 249,90 Euro mit allen Steuern und Gebühren kosten und die Kosten werden relativ häufig von privaten Rechtsschutzversicherungen übernommen. Hat man weder Geld noch eine Rechtsschutzversicherung, gibt es auch die Möglichkeit die Kosten über einen Beratungshilfeschein oder einen Verfahrenskostenhilfeantrag vom Staat abdecken zu lassen. Je nach Fall gibt es auch die Möglichkeit einer kostenlosen Erstberatung.


3. Sorgerecht

Das Sorgerecht ist das Recht und die Pflicht für das minderjährige Kind zu sorgen (§1626 BGB).

a. Sorgerechtsstreit zwischen den Eltern.

aa. Trennung mit Kind.

Streit um das Sorgerecht gibt es häufig, wenn Paare mit Kind sich trennen. Wenn beide Eltern das Sorgerecht haben und die Beziehung in die Brüche geht, müssen bei der Trennung mit Kind die Belange des Kindes besonders berücksichtigt werden. Die Eltern müssen sich z.B. darüber verständigen, bei wem das Kind in Zukunft Leben soll, ob ein Umzug ansteht, welche Schule in Betracht kommt uvm.

Mit dem gemeinsamen Sorgerecht müssen die Eltern sich bei allen wesentlichen Entscheidungen für das Kind einigen.

Gelingt eine Einigung nicht, muss durch ein Sorgerechtsverfahren vor dem Familiengericht eine Klärung herbeigeführt werden. Gibt es grundsätzlich eine Einigungsbereitschaft und besteht der Streit nur in einem einzelnen Punkt, etwa der Auswahl der Grundschule, kann ein Verfahren nach §1628 BGB betrieben werden. Dabei geht es dann wirklich nur um diese einzelne Entscheidung und es bleibt im Übrigen bei der gemeinsamen Sorge.

Besteht insgesamt keine gemeinsame Basis mehr um Entscheidungen für das Kind zusammen zu treffen und fehlt es an jeder Kommunikationsgrundlage und Konsensfähigkeit, kann die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf ein Elternteil beantragt werden.

bb. Beantragung des alleinigen Sorgerechts, §1671 BGB.

Unter den Voraussetzungen des §1671 BGB kann die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf einen Elternteil beantragt werden. Dafür muss das alleinige Sorgerecht dem Kindeswohl dienen. Es muss also festgestellt werden, dass das alleinige Sorgerecht besser für das Kind ist, als das gemeinsame Sorgerecht.

Das kann z.B. bei häuslicher Gewalt, Misshandlungen oder Missbrauch der Fall sein, bei Drogenkonsum oder auch bei Desinteresse oder dem Fehlen jeder Kommunikationsgrundlage und Konsensfähigkeit.

cc. Beantragung des gemeinsamen Sorgerechts.

Sind die Eltern eines Kindes bei der Geburt nicht verheiratet, steht der Mutter das Sorgerecht für das Kind zunächst alleine zu. Selbst wenn der Vater die Vaterschaft anerkannt hat, folgt daraus nicht automatisch die Übertragung des Sorgerechts auf die Eltern gemeinsam. Die Eltern müssen die gemeinsame Sorge ausdrücklich erklären. Ist die Mutter nicht bereit, dem gemeinsamen Sorgerecht zuzustimmen, kann die Übertragung der gemeinsamen Sorge beim Familiengericht auch gegen den Willen der Mutter beantragt werden. Die Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts darf dem Kindeswohl nicht widersprechen.

b. Sorgerechtstreit mit dem Jugendamt.

Grundsätzlich kann man innerhalb seiner Familie machen was man möchte. Die Familie ist in Art. 6 GG besonders geschützt. Die Grenze ist dann erreicht, wenn das Wohl der Kinder gefährdet ist. Dann müssen die Eltern diese Gefährdung beenden oder der Staat greift ein und holt die Kinder aus der Familie raus und bringt sie in Einrichtungen oder Pflegefamilien unter.

Das gerichtliche Verfahren vor dem Familiengericht beruht auf §1666 BGB.

Gestritten wird dann darum, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt oder nicht und ob die Eltern Willens und in der Lage sind, die Gefahr zu beseitigen.


4. Umgangsrecht

a. Das Umgangsrecht zwischen den Eltern

Leben die Eltern getrennt, haben sie und auch das Kind ein Recht und die Pflicht auf Umgang. Gesetzlich geregelt ist das in §1684 BGB. Umgang bedeutet, Zeit mit dem Kind zu verbringen um die Eltern-Kind-Bindung zu pflegen. Umgang kann bedeuten, dass lediglich Telefonanrufe, Videochat oder begleiteter Umgang stattfindet. Umgang kann aber auch bedeuten, dass die Eltern sich die Betreuung des Kindes im Wechselmodell teilen. Der Umgang kann von beiden Eltern beantragt werden. Das Gericht muss eine Regelung treffen und kann eine Regelung nicht ablehnen. Die Regelung kann dann jedoch vom Umgangsausschluss, über diverse Formen des Residenzmodells, bei dem ein Wochenendumgang stattfindet, bis hin zum Wechselmodell reichen. Welche Regelung im Einzelfall getroffen wird, richtet sich zunächst danach, was dem Kindeswohl am Besten dient. Kommt nur ein begleiteter Umgang oder sogar ein Umgangsausschluss in Betracht, muss durch den Umgang das Kindeswohl konkret gefährdet sein.

b. b. Das Umgangsrecht zwischen Eltern und Jugendamt.

Auch wenn den Eltern das Sorgerecht für das Kind entzogen wurde und das Kind in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie lebt, haben die Eltern ein Recht auf Umgang. Wenn es keine außergerichtliche, einvernehmliche Regelung des Umgangs gibt, kann auch in diesen Fällen die Regelung des Umgangs vor dem Familiengericht beantragt werden. Die Regelung richtet sich nach den gleichen Grundsätzen und beruht auf der gleichen Gesetzesgrundlage, dem §1684 BGB.


5. Familiengerichtliche Gutachten.

Sowohl in Sorgerechts- als auch in Umgangsrechtsverfahren werden häufig familiengerichtliche Gutachten eingeholt. In den meißten Fällen soll durch ein familienpsychologisches Gutachten festgestellt werden, ob ein Zustand, eine Situation, Regelung oder Fähigkeit dem Kindeswohl dient oder schadet. Der Prozess der Begutachtung ist ein tiefer Eingriff in die Sphäre der betroffenen Menschen und muss sorgfältig begleitet werden. Eine qualifizierte Begleitung durch den Prozess der Begutachtung fängt bereits vor der eigentlichen Begutachtung an. Zunächst sollte besprochen werden, was die Begutachtung bezwecken soll und wem sie dient. Eine Begutachtung ist häufig ein belastender Prozess und nicht in jedem Fall macht sie Sinn. Die Teilnahme an der Begutachtung ist freiwillig und dementsprechend darf aus der Verweigerung der Teilnahme auch kein negativer Rückschluss gezogen werden. Allerdings hilft ein Gutachten bei der Aufklärung bestimmter Sachverhalte oder Situationen und ist deshalb oft im Interesse aller Beteiligten.

Im nächsten Schritt muss dann geklärt werden, um welche Beweisfrage es geht. Ein Gutachten soll eine Situation nicht ausforschen, sondern eine konkrete Frage beantworten. Je nachdem ob es sich hierbei etwa um eine medizinische Frage handelt, z.B. ob eine psychiatrische Erkrankung vorliegt oder um eine psychologische Frage, z.B. ob eine Bindungstoleranz besteht, muss der passende Gutachter ausgesucht werden.

Im weiteren Verlauf der Begutachtung kann der Untersuchungsplan des Gutachters angefordert werden, die Untersuchungstermine begleitet werden und die Begutachtung insgesamt betreut werden.

Wenn das schriftliche Gutachten erstellt ist, muss die Kontrolle und Kritik des Gutachtens auf juristischer Ebene durch den Anwalt erfolgen. Sofern Zweifel an der Richtigkeit der Begutachtung bestehen, kann ein externer Experte zur fachlichen Kritik hinzugezogen werden.

Und schließlich erfolgt die Auseinandersetzung mit dem Gutachten und dem Gutachter in der mündlichen Verhandlung.

Ziel ist es am Ende ein qualitativ hochwertiges und sachliches Gutachten vorliegen zu haben, auf dessen Grundlage eine gute Lösung verhandelt werden kann.


6. Kindesentführungen und HKÜ Verfahren.

Gerade durch die Corona-Pandemie kehren viele im Ausland ansässige Deutsche nach Deutschland zurück. Wenn Kinder in dieser Situation mitgenommen werden, der andere Elternteil aber nicht, liegt schnell eine Kindesentführung vor. Das Verfahren in diesen Fällen richtet sich bei den Mitgliedsstaaten nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ).

Das HKÜ Verfahren soll verhindern, dass ein Kind aus seiner gewohnten Umgebung rausgerissen und in der neuen Umgebung eingewöhnt wird und so Tatsachen geschaffen werden. Daher sind auch die Prüfungskriterien nicht die gleichen, wie bei einem Sorgerechtsverfahren. In einem Kindesentführungsverfahren nach dem HKÜ wird nur überprüft, ob das Kind seinen Lebensmittelpunkt im Ausland hatte, der andere Elternteil in irgendeiner Form mitsorgeberechtigt war und ob gravierende Gründe gegen eine Rückführung sprechen.

HKÜ Verfahren werden immer mit äußerster Eile betrieben und weisen einige Besonderheiten auf. In diesen Fällen ist eine schnelle Reaktion immer besonders wichtig.